Die Absicht von Khorchide ist eindeutig herauszulesen. Er zielt darauf hinaus, ein Islambild zu präsentieren und zu fördern, von dem er sich erhofft, das es in der mehrheitlich nichtmuslimischen deutschen Gesellschaft auf Akzeptanz treffe. Hierin unterscheidet er sich kaum von der Majorität der katholischen wie evangelischen Theologen im deutschsprachigen Raum, die sich mit einem ähnlichen Bild von Jesus bzw. vom Christentum gelegentlich der Institution Kirche entgegenstellen, dafür aber in der kirchenkritischen Presse Popularität genießen. Die Tragik bei dieser prinzipiell ehrenwerten Absicht zeigt sich darin, dass auf diese Weise kaum das Bekenntnis zur Religion erhöht wird, sondern stattdessen ein Relativismus gefördert wird, der sich auf Theologen und Religionswissenschaftler als Rechtfertigung zu stützen versteht.
Mag es einerseits durchaus angemessen erscheinen, diejenigen nicht als „wahrhaftige Muslime“ zu bezeichnen, die zwar die religiösen Rituale buchstabentreu einhalten, in ihrem Alltagsleben die islamischen Werte „Liebe und Barmherzigkeit“ vermissen lassen und Hochmut gegenüber anderen zeigen, welche die Rituale nicht in gleicher Konsequenz einhalten wie sie selbst. Islam ist zweifellos mehr als lediglich das zwanghafte Einhalten von Geboten und Verboten, welches das klerikale Establishment im Judentum der alttestamentarischen Epoche kennzeichnete, und welchem Verständnis von Religion sich Prophet Mohammed eindeutig entgegengestellt hat (S. 125).
Jenes „Pharisäertum“ existiert zweifellos ebenso wie damals im israelitischen Priestertum unter nominellen Muslimen der gesellschaftlichen Gegenwart und geht mit einer Intoleranz Andersdenkenden und Andersgläubigen einher, die dem Geist des Islam nicht entspricht. Vor diesem Hintergrund ist Khorchides Diagnose, eine Reduzierung des Islam auf Rituale und diese wiederum auf „Pflichterfüllung“ fördere „Hochmut“ (S.107) berechtigt. Problematisch erscheint diese Sichtweise erst durch den Umkehrschluss, dem sogenannten „Islam im Allgemeinen“ (S.88), den Khourchide von einem „Islam im spezifischen Wege“ (S.89) unterscheidet, gehöre auch derjenige an, der Liebe und Barmherzigkeit zwar praktiziere, die Rituale jedoch weder einhalte noch an Gott glaube.
Die Aufteilung des Zwecks der Rituale in eine ethische und spirituelle Dimension mag theologisch einleuchten, sie erfordert jedoch, beide Dimensionen als zusammengehörig zu betrachten. Die ausschließliche „Hinwendung zu Gott“ (bei Khorchide die spirituelle Dimension, S. 106) ohne das „Streben zur Vervollkommnung des Menschen“ (bei Khorchide die ethische Dimension, S. 106) wäre demnach kein Islam. Gleichermaßen dürfte aber auch eine Beschränkung auf die ethische Dimension, die einen nicht wissentlich gläubigen Muslime ohne Praktizierung der spezifisch islamischen Rituale, die der spirituellen wie der ethischen Dimension dienen, kennzeichnet, nach dieser Definition kein Islam sein.
Indem Khorchide jedoch Angehörigen anderer Religionen und sogar Agnostikern, die allgemein Liebe und Barmherzigkeit praktizieren, das Muslimsein zubilligt (S.88), erweckt er – offenbar unbeabsichtigt – den Eindruck, diese Rituale seien nicht nur nicht notwendig, sondern man erhalte die ethische wie die spirituelle Dimension der Religion auch gänzlich ohne Glauben, nämlich mit Humanität allein. Dies ist ebenso eine Reduzierung des Islam wie die Seitens Khorchides den Fundamentalisten vorgehaltene Beschränkung auf reine buchstabentreue „Pflichterfüllung“ und letztlich geradezu die Aufforderung, die seinerseits propagierte „Frömmigkeit“ (S.106) vermissen zu lassen.
Die Liebe und die Barmherzigkeit gehören zu dieser Frömmigkeit zwar untrennbar hinzu, ebenso aber der Glaube und die diesen bezeugenden Rituale, die nach Khorchides eigener Interpretation schließlich nicht in erster Linie der Pflichterfüllung, sondern geradezu der Praktizierung von Liebe und Barmherzigkeit dienen. In der Tat mag es unberechtigt erscheinen, jeden der sündigt (dies sind schließlich alle Menschen) ebenso wie jeden, der sich nicht selbst als Muslim bezeichnet, als Kafir zu diffamieren (S.90). Hierfür mag auch ein Verweis auf Adam, eigentlich Prophet und Vorbild im Glauben, jedoch zugleich Sünder, als Argumentationsstütze dienen. (S.91) Indem Khorchide jedoch dessen Bitte zu Gott um Vergebung seiner Sünden hervorhebt, belegt er die Inkonsequenz seiner eigenen Schlussfolgerung. Wie sollte ein Agnostiker, der Gott nicht kennt, zu ihm um Vergebung bitten, und warum sollte Gott einem Menschen seine Sünden vergeben, der ihn überhaupt nicht um Vergebung gebeten hat?
Die spirituelle Dimension der „Hinwendung zu Gott“ ist im Islam gleichermaßen wichtig wie die ethische Dimension der „Vervollkommnung des Menschen“, da jene Vervollkommnung ohnehin nicht durch den (grundsätzlich sündigen) Menschen selbst erfolgen kann und es hierzu notwendigerweise göttlicher Unterstützung bedarf.
So berechtigt die Abgrenzung eines „wahrhaftigen Islam“ von einem „nominellen Islam“ (der prinzipiell kein Islam ist) erscheint, und so notwendig das kontextgebundene Koranverständnis, besonders hinsichtlich juristischer Aussagen (S.136) für ein menschendienlichen, gesellschaftsförderlichen Glauben sich erweisen kann, ohne die Hinwendung zu Gott und ohne Einhaltung seiner Gebote, erweckt man zwar nicht den Zorn Gottes, versäumt es aber, wie Khorchide zurecht anmerkt, sein Leben zu reflektieren und kann sich Gott, der sich einem seinerseits die ganze Zeit zuwendet, nicht den Dienst zu erweisen (S.106). Man ist dementsprechend weder „fromm“ – zumindest nicht nach koranischer Definition – noch kann man berechtigterweise als Muslim bezeichnet werden.
Wenn für Khorchide die „Hinwendung zu Gott“ eine so zentrale Bedeutung einnimmt, wie er vorgibt, kann er nicht gleichzeitig demjenigen den Islam zubilligen, der sich Gott nicht zuwendet und seine Rituale – wissentlich oder unwissentlich – nicht praktiziert. Er sollte diesen zwar keineswegs – wie dies einige Fundamentalisten handhaben mögen – gesellschaftlich ausgrenzen und ihm mit Hochmut begegnen, muss jedoch eindeutig darauf bestehen, dass zum Islam auch der „spezifische Weg“, d.h. die spezifisch islamischen Grundsätze und Rituale untrennbar hinzugehören.
Mohammed Khallouk
Dieser Artikel wurde zuerst am 22.01.2013 bei http://www.islam.de/21745 veröffentlicht.
das problem ist dies wird wohl früher oder später zum staatsislam werden und sie selbst sind mit von der partie!
Der Artikel bringt das zum Ausdruck, was in der deutschen Öffentlichkeit vielleicht nicht gut ankommt, in meinem Bekanntenkreis aber der allgemeine Eindruck über das Buch von Prof. Khorchide war. Ich hätte es sogar mit noch schärferen Worten formuliert.
Danke Herr Khallouk, dass Sie der Anbiederung von wissenschaftlichen Vertretern des Islam in Deutschland an die von Medien und Umfragenmehrheiten geforderten Ansichten offensiv entgegentreten und den Mut zeigen, Ihren Glauben über die Wirkung bei den Anderen stellen.
Ja guten Abend nochmals.
Danke für diese Kritik die es in sich hat und wüßte nicht das da was überzogen oder nicht Sachgerecht wäre. Auf Dr. KHorchides Facebookseite hat das große Trommeln (Zittern) begonnen. Auch von mir: Hut ab und Danke!
Herr Bert Werter
Unglaublich! Die bisherigen Rezensionen sind lächerlich. Nichts zum Inhalt.
Abwarten und Tee trinken!
Mohammedanisten sind eine Bedrohung für unsere Gesellschaft. Du bist auch ein Mohammedanist und auch eine Bedrohung.
Die Suren des Korans sind mit Stellen aus dem Eavagelium austauschbar. Man hat den Eindruck, dass ein katholischer Theologe seine Hand in dem Buch gehabt hat! Vieles hat der Verfasser von anderen übernommen ohne seine Referenzen zu erwähnen. R. B. Jacobi
Ja Danke für diese Worte. Ich habe das Buch gelesen und bei mir verhärtet sich dieser Verdacht auch, irgendwo schon Mal gelesen, irgendwie bekannt. Weis jedoch noch nicht woher genau. Vielleicht ist Herr Khorchide mit Felix Körner zusammen gewesen oder gar mit Herrn Troll, beide Jesuiten und fundiert in diesen Wegen. Warum nicht! Wer kann weiterhelfen?
Danke schön
Das ist eine leichte Methode, was Herr Khorchide betreibt. Auf diese Weise einen Wissenschaftler zu diffamieren! Herr Khallouk hat seine Wissenschaftlichkeit schon bewiesen. Seht was über einen anderen bei uns in Müster geschrieben hatte:
http://islam.de/11252.php
Es wird wissenschaftlich ermittelt: Khorchide und auch Karimi sind von Kirchenkreisen sehr gut mit Ideen versorgt.
Sprich:Chrislamistische Plagiatoren?
Na dann sind wir mal gespannt u. man hält uns auf dem Laufenden deswegen.
Wir hatten ein Swen Kalisch. Ich befürchte, dass wir jetzt einen Swen Khorchide bekommen.
Herr Khallouk, gut, dass unsere muslimische Gemeinde jemanden wie Sie hat. Sie wissen, was bei uns hinter den Kulisen abgeht.
„Chrislamistische Plagiatoren“, ja genau das.. danke für diesen Ausdruck, das die ganze Sache zusammenfasst. ja, wir wollen alle einen offenen und zeitgemässen islam, aber das ist nicht durch Plagiat zu verwirklichen, sondern nur durch Kritik und Selbstkritik.
Das Trommeln setzt sich auf der Facebookseite von Khorchide fort und das freut mich sehr.
Ja richtig, jedoch weder hier noch dort gibt es die Möglichkeit Platzmäßig ausgiebig zu diskutieren. Also trommeln wir mit Gänserfedern!
Freund, Du kannst alles diskutieren. Wer hindert Dich daran?
Ich frag mich jedesmal, welche islamische Theologie braucht man in Deutschland und mit welchen Leuten?
Ich kenne die Schriften von Felix Körner gut. 90 % von Khorchides Buch sind wortwörtlich von Felix Körners Abhandlungen über den Islam abgeschrieben. Ich weiß, dass sich beide sehr gut kennen und regelmäßig austauschen und sich auch gegenseitig helfen. Beide teilen die gleichen Positionen über den Islam. Wer bereit ist, eine wissenschaftliche Gruppe zu bilden, die alles aufdeckt, möge mir bitte an jens_s_mueller@hotmail.com schreiben.
Gute Idee! Vielen Dank!
Ja würde mich gerne dafür bewerben, gute Sache!
Gibts da noch irgendwelche Neuigkeiten ihrerseits?
Also ich finde die Rezension wirklich interessant. Hut ab!